Gibt Erfolg wirklich Recht?
- Kompetenz-Zirkel Pferd
- 10. März
- 2 Min. Lesezeit
Wochenend-Seminar mit sechs Teilnehmenden. Lauter Erwachsene und ein 14-jähriges Mädchen.Alle haben ihre Pferde lieb und wollen dazu lernen. Deswegen haben sie mich ja gebucht. Klar.
Beim Reiten war das Mädchen auffallend grob in der „Hilfegebung“.
Ich vermutete, dass sie ein wenig aufgeregt war und mir zeigen wollte, wie gut sie reiten kann. Dabei hatte sie eine klare Vorstellung davon, wie „gutes” Reiten aussehen muss.
Vorne ziehen, hinten drücken und sich auf jeden Fall durchsetzen. Ihr Pferd sollte zu jeder Zeit wissen, dass sie die Chefin ist.
Ich habe sie erst einmal aus ihrem Kampfmodus rausgeholt und ihr ein paar Übungen gezeigt, die sie mit ihrem Pferd gut bewältigen konnte. So konnte ich sie loben, obwohl ich wirklich gern mit ihr geschimpft hätte. Denn sie saß und verhielt sich gar nicht gut, das Pferd war maximal unglücklich und zeigte das deutlich.
Wo fängt man da an?
Ich kannte sie nicht und das, was sie mir zeigen wollte, war das Ergebnis von Reitunterricht der letzten Jahre. Und von den „erfolgreichen“ Ritten der anderen Reiter in diesem Stall.
Mach es von Beginn an richtig!

Wer zeichnet eigentlich wen mit welchem Interesse aus? Nur, weil jemand eine Medaille gewinnt, heißt es noch lange nicht, dass er es gut macht, wenn ich „gut“ anders definiere.
Wir definieren „gut“ in der Reiterei an klaren Messpunkten, die Auskunft darüber geben, ob das Pferd uns z.B. gut und gerne tragen kann. Welche das sind und wie Du die für Dich und Dein gesundes Pferd nutzen kannst, erfährst Du in unserem Kompakt-Kurs Equine Ready to Ride
Am Ende des Kurstages sitzen wir oberhalb des Reitplatzes für die Abschlussbesprechung. Eine junge Frau reitet auf den Platz und das Pferd zeigt sofort deutliches Abwehrverhalten. Schlagender Schweif, eingerollter Hals, spannige Tritte, unwilliges Vorwärts….Ich dachte, ich guck nicht richtig.
Die Gelegenheit beim Schopf genommen, habe ich alle Teilnehmenden zu einer Runde Blickschulung eingeladen. So sieht feines und gutes Reiten NICHT aus. Meine junge Schülerin widersprach mir: „Sie hat gestern auf dem Turnier den ersten Platz gemacht“.
Der Erfolg gibt ihr Recht. Oder etwa nicht? Heißt „Erfolg haben“ es „richtig machen“? Wer bestimmt da eigentlich was richtig und falsch ist?
In dem Falle bestimmt zunächst ein System (z.B. die Regularien der FEI und der FN), was die Richter wie benoten sollen. Die Richter benoten dann und entscheiden so über Erfolg oder Misserfolg. Das volle Ausmaß dieser Entwicklung sehen wir derzeit z.B. im Dressur-Spitzensport. Viel Vorhand-Aktion, spektakuläre Tritte, feste Rücken, zugeschnürte Mäuler und Hinterbeine, die hochgezogen werden, statt unter den Schwerpunkt zu treten. Diese Bilder gehen dann um die Welt. Im TV und in den sozialen Medien. Möchte nicht jeder so reiten wie der Mensch, der die Medaille gewonnen hat? Was auf diesem Niveau ausgezeichnet wird, muss ja gut sein. Ist es leider nicht.
Denn: Was wir auch immer mehr zu sehen und zu hören bekommen, ist, wie die Reiter, die am Ende mit auf dem Treppchen stehen, ihre Pferde trainieren.
Vieles passiert hinter verschlossenen Türen. Einiges wird heimlich gefilmt. Anderes kann man auf den Abreiteplätzen auch ganz einfach selbst beobachten.
Ein Pferd zu besitzen, bringt eine wirklich große Verantwortung mit sich. Ein Pferd reiten zu wollen, legt nochmal ne Schippe drauf.
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